Rede von ATK + TOAKT beim Ostermarsch 2023 in Stuttgart

Liebe Genoss*innen, liebe Passant*innen,
wir sprechen heute für das Aktionstreffen Klimagerechtigkeit Stuttgart und für TOAKT - das Offene Antikapitalistische Klimatreffen in Tübingen. Es gibt mehrere solcher offenen Klimatreffen in Deutschland und der Schweiz, die klassenkämpferische Klimapolitik organisieren. Das bedeutet zum Beispiel Streikunterstützung, Demos, Vorträge und Lesekreise.

Als Klimatreffen interessiert uns auch das Thema Krieg, denn Krieg und Klimakrise hängen zusammen. Seit mehr als einem Jahr herrscht Krieg in der Ukraine. Während Russland versucht, seinen wirtschaftlichen und geostrategischen Einfluss in der Ukraine zu erweitern, heizten Politiker*innen der Nato-Mitgliedstaaten den Konflikt durch immer mehr und größere Waffenlieferungen weiter an. Schlussendlich leidet die Bevölkerung aller Beteiligten Staaten, während sich die globale Rüstungsindustrie über satte Profite freut. Wir als Klimatreffen stellen uns dem Krieg und der Aufrüstung auch aus der Klimaperspektive entgegen.

Denn Militär- und Rüstungsindustrie sind Klimakiller: Sie verursachen zusammengenommen 6% der globalen Emissionen. Wäre die Militär- und Rüstungsindustrie also ein Land, würde sie den viertgrößten CO2-Ausstoß weltweit verursachen.

In der Ukraine sind nicht nur hunderttausende Menschen getötet, verletzt und aus ihrer Heimat vertrieben worden, auch die Umwelt vor Ort leidet. 20 Prozent der Naturschutzgebiete in der Ukraine sind von den Kampfhandlungen betroffen. Es wurden 280.000 Hektar Wald zerstört.

Um sich von russischem Gas unabhängig zu machen, fördert die deutsche Regierung wieder mehr fossile Energieträger. Dafür werden neue Flüssiggasterminals gebaut, um auch ohne russische Pipelines an Erdgas zu kommen. Dabei wird nun allerdings nur ein reaktionärer Gaslieferant durch viele andere, wie Katar und die USA ausgetauscht.

Auch in Deutschland wird die Gaskrise instrumentalisiert um die Profite von großen Konzernen ins unermessliche zu steigern. So wurde unter dem Vorwand der Energiesicherheit Lützerath für die Kapitalinteressen von RWE abgebaggert.

Überall auf der Welt vernichten Kriege die Lebensgrundlage der Menschen vor Ort. Bei den türkischen Angriffen im Irak und in Syrien verseucht Öl aus natürlichen Quellen und Raffinerien Boden und Wasser. Neben kriegerischen Auseinandersetzungen mit Bomben- und Drohnenangriffen setzt der türkische Staat auch Wasser als Waffe ein: Seit die autonome Administration in Rojava an der Macht ist, hat der türkische Staat die Durchflussmenge an Wasser durch den Euphrat in den Irak deutlich verringert. Das ehemals grüne Tal ist ausgetrocknet. Dort gibt es nichts als stehende Pfützen und leerlaufende Pumpen entlang der ausgetrockneten Ufer. Die Menschen vor Ort haben Probleme, Nahrungsmittel anzubauen und müssen ihr Trinkwasser rationieren. Viele leiden an Leishmaniose, das ist eine Hautkrankheit, die von Stechmücken verursacht wird, die sich im stehenden Wasser des erstickten Euphrat sammeln.

Kriege haben noch Jahre und Jahrzehnte nach ihrer Beendigung Auswirkungen auf Natur und Mensch. Das zeigt zum Beispiel der Einsatz von Agent Orange im Vietnamkrieg: Um den Feind sichtbar zu machen ließen die USA mehr als 45 Millionen Liter Entlaubungsmittel auf die Wälder niederregnen. Eine Studie von 2019 zeigte, dass sich das Gift bis heute in den Böden hält und noch immer Schäden bei Menschen und Umwelt verursacht.

Die langfristigen Folgen von Kriegen zeigen sich auch im Bezug aufs Klima: Im zweiten Golfkrieg 1991 verbrannten auf Ölfeldern in Kuwait mehr als 700 Millionen Liter Öl pro Tag. Das verursachte zwei Prozent des weltweiten CO2-Ausstoßes in diesem Jahr – Kriegszerstörung ist auch Klimakiller!

Auch beim Wiederaufbau von Städten nach Kriegen wird weiter emittiert: Die Herstellung der massenhaft benötigten Baumaterialien wie beispielsweise Beton ist sehr emissionsreich.

Die Aufrüstung bei uns in Deutschland schadet auch dem Klima. Konzerne wie Rheinmetall und Heckler und Koch zerstören durch CO2-intensive Produktion und Transport von Waffen das Klima. Zusätzlich vereinnahmen sie Ressourcen, die durch ihre endliche Natur zu militärischen Auseinandersetzungen führen. Somit werden sie im Kapitalismus, bei dem nur der Profit zählt, sogar für ihre klimaschädliche Geschäftspraxis belohnt.

Klar ist also: Kriege und Aufrüstung sind eine Katastrophe für Mensch, Umwelt und Klima. Gleichzeitig wirkt umgekehrt auch die Klimakrise als Brandbeschleuniger für kommende Konflikte und Kriege. Die Klimakrise führt schon jetzt zu mehr Armut und sozialer Ungleichheit, was Konflikte hervorruft und verstärkt. Machtpolitische Auseinandersetzungen spitzen sich zu, Kriege um Ressourcen werden zur Normalität. Zudem müssen immer mehr Menschen aufgrund von Umweltkatastrophen ihre Heimat verlassen. Wir befinden uns also in einem Teufelskreis: Krieg führt zu Umweltzerstörung und befeuert die Klimakrise, Umweltzerstörung und Klimakrise führen zu erneutem Krieg. Klimaschutz ist also auch Kriegsprävention, und Kriegsprävention ist Klimaschutz.

Völkerrechtliche Abkommen wie die Genfer Konvention versuchen, Kriegen den Anschein von Rechtmäßigkeit zu geben, indem sie beispielsweise Mittel der Kriegführung als nicht zulässig definieren, bei denen anzunehmen ist, „dass sie ausgedehnte, langanhaltende und schwere Schäden der natürlichen Umwelt verursachen“. Doch wir sehen keine Kriegsführung, die sich NICHT mit schweren Schäden auf die Umwelt auswirkt. Ganz im Gegensatz: Krieg und Aufrüstung treiben immer auch die Klimakrise und Umweltzerstörung voran.

Die Regierungen der Welt ziehen daraus die falsche Konsequenz: Sie erkennen die militärische Gefahr der Klimakrise und entwickeln statt tatsächlichen Lösungen bereits militärische Strategien für deren Bewältigung.

Statt die Klimakrise zu bekämpfen, versuchen sich reiche Staaten militärisch aufzurüsten, um sich vor dem, was kommen wird, zu schützen.

Diese letztendlich menschenverachtende Politik schützt nichts anderes als die Profitinteressen CO2-intensiver Industrien. Die deutsche Regierung hat im Jahr 2022 100 Milliarden Euro für Aufrüstung ausgegeben, hingegen nur 2.6 Milliarden Euro für Umweltschutz. In der Klimapolitik fehlt ein Blick auf den Zusammenhang zwischen Krieg und Klima.

Das Klimapaket der Bundesregierung erwähnt die Bundeswehr mit keinem Wort, obwohl sie geschätzt 60 Prozent der CO2-Emissionen von Bundes-Institutionen ausmacht. Auch müssen Zahlen zu militärisch verursachten CO2-Emissionen nicht einmal erfasst werden.

Krieg und Klimakrise haben die gleiche Ursache: Kapitalismus. Hinter der umweltzerstörerischen Kriegsführung stecken kapitalistische Machtinteressen und Profitgier der Rüstungsindustrie: Waffen können verkauft werden, der Wiederaufbau sorgt für neue Einnahmen der Baubranche. Der Konkurrenzkampf im Kapitalismus bringt imperialistische Staaten dazu, Wirtschaftsinteressen - wie neue Absatzmärkte und billige Rohstoffe - notfalls auch mit Gewalt durchzusetzen. Gewinne steigen immer weiter, während die breite Masse im Krieg und an den Kriegsfolgen leidet und verstirbt. Auch das reiht sich in den angesprochenen Teufelskreis ein: Die kapitalistische Wirtschaftsweise führt zu Umweltzerstörung und Krieg, und Krieg belebt die Wirtschaft. Es kann im Kapitalismus weder Frieden, noch Klimagerechtigkeit geben!

Mit der momentan von allen Seiten geforderten Aufrüstung wird die Klimakrise weiter angeheizt. Aus Sicht der Kapitalist*innen lohnt sich Krieg mehr als Klimaschutz: Rüstungsunternehmen profitieren, Umweltzerstörung wird zur Waffe und die Folgen der Klimakrise trägt die Arbeiter*innenklasse weltweit. Für uns ist klar: Aufrüstung ist der falsche Ansatz – auch fürs Klima. Wir fordern Klimaschutz statt Aufrüstung und Waffenlieferungen! Hoch die internationale Solidarität!

Quellen:

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